Letzte Nacht

Ich laufe, renne, bin auf der Flucht. Seit Tagen und Wochen. Es ist erschreckend, wie schnell dieses Rennen zur Normalität geworden ist, da es doch um das nackte Überleben geht. Ich kenne meine Schritte, weiss, wie ich mich verhalte und wonach ich suchen muss. Ich suche nach einem Versteck, weil ich sonst sterbe.

Ein neuer Tag hat begonnen, ich wache gerade auf, sitze in einem Versteck, einem vorrübergehendem Heim mit dem ich nichts verbinde. Der Hunger treibt mich nach draußen, Nahrung zu finden ist allerdings fast hoffnungslos. Dennoch suche ich, vielleicht habe ich ja Glück. Ich laufe durch die Gegend, die Gegend, die ich eigentlich so gut kenne, denn es ist meine Heimatstadt. Manchmal jedoch weiss ich nicht, wo ich bin, denn es sieht alles so anders aus, wenn ersteinmal eine Bombe darauf gefallen ist. Doch ich glaube zu wissen wo ich bin, ich muss ws auch so schnell wie möglich wissen, um im Notfall schnell einen Unterschlupf finden zu können. Da vorne war glaube ich eine Beckerei. Wenn ich Glück habe finde ich dort etwas zu Essen. Während ich zur halb zerbombten Beckerei laufe, schaue ich mich immer wieder um, gehe vorsichtig, doch scheinbar ist niemand hier. Bei der Beckerei angekommen erkenne ich schnell, dass nichts mehr zu holen ist. Was nun? Ich weiss es nicht.

Der kurze Moment, in dem ich in Gedanken versunken da stehe ist schnell wieder vorbei. „Sie kommen! Sie kommen! Lauft!“
Ich sah mich um, um zu sehen von wo die Stimmen kamen und sah eine kleine Gruppe Menschen. Ich rannte zu ihnen, schloss mich ihnen an, weil sie wussten wo es lang ging, um nicht in die Richtung der Männer zu laufen. Ohne etwas zu sagen oder mich nur anzusehen wusste ich, dass sie mich in der kleinen Gruppe aufgenommen hatten. Für den Moment waren sie meine nächsten Vertrauten, denn wo meine Lieben waren, die mich zuvor mein Leben lang begleitet hatten wusste ich nicht. Einige waren sicher tot, andere vielleicht, hoffentlich entkommen.

Wir rannten in ein hohes Haus, standen mitten in einem verwinkelten Keller mit verschiedenen einzelnen Kammern, für jede Partei im Haus eine. Die letzte Kammer stand offen und wir rannten hinein, in der Hoffnung dort nicht gefunden zu werden. Wir waren nur etwa 15 Sekunden in der Kammer, als wir Schritte hörten und mit einem Mal wurde uns klar, dass sie uns sofort finden würden, da sie alle immer sehr gründlich waren und alles absuchten. Ich stieß die aus Holzlatten bestehende Tür auf und rannte los, gefolgt von den anderen. Wir waren etwa 8 Personen und als ich gerade die Ausgangstür des Kellers erreicht hatte und aufdonnerte, hörte ich schon wie die letzten beiden aus unserer Gruppe von den Männern gefunden wurden. Sie drängten sie wieder in die Kammer, ich hörte, wie sie die Holzlatten Tür schlossen und zwei Schüsse abgaben. Es war erschreckend und doch Normalität, es machte mich traurig und ängstlich und doch wieder nicht.

Ich kannte meine Schritte, wie immer in diesen Momenten suchte ich wieder nach einem Versteck und sah 5 Meter entfernt von der Kellertür aus der ich gerade kam eine dicke Eisentür zu einem Heizungsraum. Als sei ich den Weg schon hunderte Male gegangen rannte ich auf die Tür zu, öffnete sie und einer aus der Gruppe lief mit mir hinein, die anderen rannten eine Treppe hinauf. Es ging wieder um das nackte Überleben. Ich befand mich in einem kleinen Raum, dem sich gleich noch eine dicke Eisentür anschloss. Ich hörte Schritte und öffnete die zweite Tür und ging mit meinem Begleiter hinein, in einen weiteren, sehr kleinen Raum. Wir schlossen ab, da glücklicherweise der Schlüssel in der Tür steckte. In der Tür war oberhalb ein Herzförmiges Loch. Ungewöhnlich für eine solche Tür dachte ich. Was man nicht so alles in einem solchen Moment denkt. Hinter uns hörten wir, wie sich die erste Eisentür öffnete und wie die Männer, die Anfang des Krieges in Uniformen gesteckt und bewaffnet wurden mit einander laut sprachen. Einer von ihnen sah das Loch in der Tür. Vor Angst atmeten wir so laut und schnell, dass er uns vermutlich gehört hatte. Er steckte seine Waffe durch das Loch und gab einige Schüsse ab. Wir schrieen, ich hatte Angst und wusste es war jetzt vorbei. Ich zitterte, konnte nich still sitzen, hatte Panik. Als der Mann merkte, dass wir noch lebten steckte er seine ganze Waffe durch das Loch, seinen Arm schob er ebenfalls nach und drehte die Waffe herum, so, dass ich direkt in ihren Lauf sah.

An dieser Stelle bin ich aufgewacht. Alles war nur ein Traum, aber es war doch sehr hart. Es war der Krieg von Hitler und ich weiss auch, warum ich es geträumt habe. Mich beschäftigt dieser Krieg sehr oft, weil ich es so schrecklich finde und es nicht verstehen kann. Ich finde auch keine Worte für mein Emfinden dem gegenüber… Ich weiss nur, dass ich es nicht vergessen will und mir immer wieder ins Bewusstsein rufen will, dass soetwas nie wieder passieren darf, wobei es doch so schnell gehen kann, wie ja zum Beispiel der Film „Die Welle“, der ja auf einer wahren Begebenheit beruht, gezeigt hat. Vor ein paar Tagen habe ich wieder über die Menschen damals nachgedacht und wie sie sich gefühlt haben müssen. Der Traum ist an vielen Stellen wahnsinnig unrealistisch, aber dafür ist es ja auch ein Traum. Ich kannte das hohe Haus in das wir in meinem Traum gerannt sind aus meinem echten Leben. Als ich mit meinem Begleiter in den Heizungsraum gelaufen bin habe ich sogar im Traum gedacht, dass das ja eigentlich gar nicht sein kann, denn das Haus wurde doch erst 1980 erbaut xD… An der Stelle im Traum wusste ich sogar schon, dass ich nur träume. Merkwürdig.. oder? Warum ich das alles auf meinem Blog veröffentliche… ich bin mir nicht sicher, ob es vielleicht ein Fehler ist, weil viele Menschen Dinge anders auslegen, als ich sie eigentlich gemeint habe. Ich veröffentliche es, weil ich einfach nochmal daran erinnern möchte, wie wichtig es ist hinzuschauen und nicht zu den jenigen zu gehören, die Täter sind und Menschen in Schubladen stecken. Ich kenne viele Menschen in meinem Umfeld, die ursprünglich nicht aus Deutschland kommen. Ich kenne Russen, Türken, Rumänen, Polen, Albaner, Nigerianer und, und, und. Ich mag nicht jeden von ihnen. Das kann ich denke ich offen sagen, denn ich mag sie nicht deswegen nicht, weil sie aus einem anderen Land kommen, sondern, weil mir der Mensch dahinter unsympathisch ist. Genauso ist es auch mit deutschen Mitmenschen. Manche mag ich, manche nicht und das ist auch vollkommen in Ordnung. Nicht in Odnung finde ich es, wenn man jemanden nur nicht mag, weil er aus einem anderen Land kommt oder Homosexuell ist oder was man sonst noch für oberflächliche Gründe haben kann, jemanden zu verurteilen. Es ist nicht in Ordnung zu sagen „Ey, schau ma, der dumme Türke da!“, aber genauso verhält es sich auch andersherum. Ich kenne viele so genannte Ausländer (wenn ein Deutscher in Spanien Urlaub macht, ist er da auch Ausländer…), die Deutsche in eine Schublade stecken und kacke finden. Es ist einfach falsch. Man muss doch jeden Menschen für sich kennenlernen um sagen zu können, den mag ich und den nicht. Seit euch einfach über eure Aussagen im klaren. Ich weiss, dass viele gar nicht so weit denken und nicht merken wie rassistisch das ist. Nachdem ich aufgewacht war, war ich noch ein wenig verpeilt, weil gerade erst aufgewacht und so. Ich habe mir dann mein Handy genommen und ein paar Tweets gelesen um wieder im hier und jetzt anzukommen. Dann schaut mal, was funnypilgrim da gerade geschrieben hat:
Ich dachte es darf nicht wahr sein. Aber genauso sieht es aus. Viele, viele Menschen halten immer noch an dem Blödsinn fest. Das macht mich einerseits wütend und andererseits hilflos, weil ich weiss, dass Unkraut nicht vergeht. Ich möchte nur hoffen, dass ihr weder zu diesem Unkraut gehört, noch, dass es euch egal ist. Denn das erste was ich gedacht habe, als ich das gelesen habe war, dass der jenige der das geschrieben hat, nicht sehr hell gewesen sein kann. Denn hätte man damals eine andere Gruppe Menschen verfolg, würde es ihn vielleicht gar nicht geben und auch seine Eltern nicht und das würde er sich sicher auch nicht wünschen. Es kann jeden treffen. „Ich kann doch nichts dafür, was meine Vorfahren damals im Krieg gemacht haben!“ Nein, das stimmt. Aber um Schuld geht es auch nicht, sondern darum die Geschichte zu begreifen und sie sich nicht wiederholen zu lassen.

Ich bin ein Deutsches Mädchen. Wäre ich ein Türkisches, Polnisches oder Mexiakanisches wäre es mir auch recht. Ich bin immernoch ich. Egal wie ich aussehe oder welche Sprache ich spreche, wen ich liebe oder was ich esse. Mein Freund ist kein gebürtiger Deutscher. Um ihn zu lieben musste ich mich weder überwinden, noch finde ich es unglaublich toll. Es ist wie es ist und es ist schön. Wir sind alle wie wir sind und wir werden einfach in etwas zufällig hineingeboren und dafür ist niemand zu verurteilen.

Ich hoffe das ganze kommt jetzt nicht doof an. Der Text hier ist wahnsinnig lang, aber ich hoffe trotzdem verständlich. Ich schmiert mir jetzt mal Tiegerbalm auf die Schläfen, hab Kopfschmerzen ;-). Bitte entschuldigt evtl aufgetretene Fehler.